Montag, 25. Mai 2009

Relief "Eros und Fabel" - 5.Bildtafel




Unterdessen war zu Hause eine traurige Veränderung vorgegangen. Der Schreiber hatte das Gesinde in eine gefährliche Verschwörung verwickelt. Zuerst bemächtigte sich sein Anhang der Mutter, die in eiserne Bande gelegt wurde. Der Vater ward bei Wasser und Brot ebenfalls hingesetzt. Die kleine Fabel hörte den Lärm im Zimmer. Sie verkroch sich hinter dem Altare, und wie sie bemerkte, dass eine Tür an seiner Rückseite verborgen war, so öffnete sie dieselbe mit vieler Behändigkeit, und fand, dass eine Treppe in ihm hinunterging. Der Schreiber stürzte mit Ungestüm herein, um sich an der kleinen Fabel zu rächen, und Sophie gefangenzunehmen. Beide waren nicht zu finden. In seinem Grimme zerschlug er den Altar in tausend Stücke, ohne jedoch die heimliche Treppe zu entdecken.

Fabel steigt in die Tiefe hinab. Die Luft war wie ein ungeheurer Schatten; am Himmel stand ein schwarzer strahlender Körper. Licht und Schatten schienen hier ihre Rollen vertauscht zu haben.
Endlich kam sie vor das Tor, vor welchem auf einem massiven Postament eine schöne Sphinx lag.

„Was suchst du?“sagte die Sphinx. - „Mein Eigentum“, erwiderte Fabel. - „Wo kommst du her?“- „Aus alten Zeiten“; - „Du bist noch ein Kind?“ - „Und werde ewig ein Kind sein.“

Fabel wurde durchgelassen und trat in eine ungeheure Höhle, und ging fröhlich auf die alten Schwestern zu, die bei der kärglichen Nacht einer schwarzbrennenden Lampe ihr wunderliches Geschäft trieben.

NOVALIS

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